BERLINALE, Tag 5

 

Das Leben ist eine Show
(10.2.2003) Fünfter Berlinale-Tag: George Clooneys überraschendes Regiedebüt "Confessions of a Dangerous Mind"

Von Guido Schenkel

Eigentlich ist es eine dieser typisch amerikanischen Geschichten: Ein Looser macht seinen Weg, kommt groß heraus, Showbiz und Entertainment, mit dem Erfolg kommt auch die Liebe, und dann ist da eine dunkle Seite der Medaille. Erstaunlich, was man aus diesem Stoff machen kann, wenn der Drehbuchautor Charlie Kaufman ("Being John Malkovich", "Adaptation") sich seiner annimmt. Und wenn George Clooney, als Schauspieler längst ein Star, damit sein Regiedebüt gibt. Mit "Confessions of a Dangerous Mind" ist Clooney (nach "Solaris" als Schauspieler) zum zweiten Mal im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb vertreten, und während Soderberghs "Solaris" enttäuschte, ist "Confessions..." eine positive Überraschung. Im Mittelpunkt des Films steht Chuck Barris, in den USA tatsächlich eine lebende Legende. In den 'unschuldigen' Jahren des Fernsehens, den 50er und 60er Jahren also, schrieb er nicht nur einen erfolgreichen Popsong, er erfand vor allem zahlreiche bis heute erfolgreiche Gameshows. Vom "Dating Game", dem amerikanischen 'Herzblatt'-Original bis zur "Gong Show", in der sich Menschen wie du und ich im Singen, Tanzen und Witzereißen probieren und meistens dem großen Gelächter des Publikums preisgeben. Die "Gong Show" erinnert bisweilen an Realityformate wie "Big Brother" oder das aktuelle RTL-'Superstar'-Casting. Nach mehreren Jahrzehnten großer Erfolge veröffentlichte der echte Chuck Barris eine Autobiographie, die für großes Aufsehen sorgte, weil Barris sich darin als CIA-Auftragsmörder outete - ein Job, den er parallel zur Fernsehkarriere ausgeübt haben will. Nicht jeder glaubt Barris diese Story, auch das kreative Duo des Films, Kaufman und Clooney, haben da ihre Zweifel, aber was solls: das Ganze ist skurril genug, um einen Film daraus zu machen. Also sehen wir Sam Rockwell als reichlich schrägen, aber doch sympathischen Barris, der sich mehr oder weniger galant durch sein Leben wurschtelt: der mit den Untiefen des Fernseherfolgs, seines Liebeslebens und der CIA-Existenz zu ringen hat. Ein schillernder, naiv-gewitzter Paradiesvogel.  Was diesen Film von vielen anderen derartigen Komödien abhebt, ist die lakonisch-ironische Erzählweise, der staubtrockene Humor bis in kleinste Nebenszenen (eben nicht zum Schenkelklopfen) und vor allem sein visueller Ideenreichtum. Einstellungen, Schnitte, Übergänge fallen im Wortsinn aus dem Rahmen. Daß Clooney und sein Team ein halbes Jahr lang ein ausgefeiltes Storyboard zeichneten, zahlt sich voll aus. Mit diesem Debüt startet Clooney auf einem künstlerischen Niveau, das einige durchschnittliche Regiekollegen aus Hollywood in ihrer ganzen Laufbahn nicht erreichen. I learned from the best, sagt George Clooney, und meint damit, daß er etwa Mike Nicholls, John Frankenheimer und seinem Freund Steven Soderbergh bei ihrem Handwerk genau auf die Finger geschaut hat. Sam Rockwell kann in "Confessions of a Dangerous Mind" nun einmal sein wahres Talent zeigen, die großen Nebenrollen sind mit Julia Roberts, Drew Barrymore und George Clooney selbst besetzt. In einer winzigen Sequenz tauchen sogar Brad Pitt und Matt Damon auf, Clooneys ewige Rivalen in der People-Presse, wenn es um die Frage des attraktivsten Schauspielers geht. Dieser Film macht Spaß und nimmt sich zugleich selbst aufs Korn. Erfreulich unprätentios und doch unterhaltsam mit Niveau.


Zum Berlinale-Überblick...
 

Confessions of a Dangerous Mind
von George Clooney - USA 2002, 113 min

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mit Sam Rockwell, Drew Barrymore, George Clooney, Julia Roberts, Rutger Hauer, Maggie Gyllenhall, Kristen Wilson

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